Reine Handarbeit

Kopfbild 720-2

Schafschere

Datierung

1925

Material/Technik

Eisen, Stahl

Inventarnummer

86/001/0062

Schafschere

Die Schafschur mit dem elektrischen Apparat hat ein Gerät verdrängt, das Jahrhunderte lang nahezu unverändert zum Scheren benutzt wurde: die einteilige Schafschere. Dieses einfache Hand-Werkzeug ist genial einfach geformt, die Schneiden der Schere gehen in Schäfte über, die durch einen Federbügel miteinander verbunden sind. Beim Schneiden mit der Schafschere arbeitet die gesamte Hand, sie drückt zu – lässt nach, drückt zu … Der Federbügel bewirkt, dass nach einem Schnitt die Scherblätter in die gespreizte Ausgangsstellung zurückgeführt werden. Dieser sehr alte Scherentypus wurde ursprünglich nicht nur zum Schneiden von Schafwolle benutzt. Im Mittelalter gesellte sich ein anderer Typus hinzu, die uns vertraute, mit Daumen und Finger zu bedienende Scharnierschere.

Schafscheren gehörten wie Schäferschippen zum Repertoire des Dorfschmieds. Die Schafschere aus der Sammlung des Freilichtmuseums stammt vermutlich bereits aus industrieller Produktion. Die Klingen sind aus Stahl gefertigt und in die Schäfte eines gestanzten Rohlings eingesetzt. Handgeschmiedete Schafscheren hingegen sind aus einem einzigen Streifen Flacheisen gearbeitet: der Schmied hat zuerst die Klingen an den beiden Enden, danach die Schäfte, zuletzt den Federbügel in der Mitte geformt.

Geschoren wurden die Schafe mit der Schere meist im April und, je nach Rasse, ein zweites Mal im September. Die Schur, wenn sie nicht der Schäfer selbst durchführte oder als niedrig eingestufte Tätigkeit seiner Frau überließ, erledigten geübte Schafscherer, die sich im Trupp verdingten. Um die Tiere ruhig zu halten, wurden häufig die Vorder- und Hinterläufe der Schafe mit Stricken zusammengebunden. Bei der Schur kam es darauf an, den Tieren keine Schnittwunden zuzufügen, möglichst wenig Haare stehen zu lassen und beim heimlichen Wettbewerb um die höchste Stückzahl gut abzuschneiden. Ein guter Scherer kam etwa auf eine Tagesleistung von zwei Dutzend Schafe.

Der Schur ging die Schafschwemme und die Schafwäsche voraus. Bei der Schwemme wurden die Schafe, um die verschmutzte Wolle einzuweichen, in aufgestaute Bäche und Flüsse getrieben. Am darauffolgenden Tag wurden die Tiere, im Wasser stehend, der Reihe nach mit bloßen Händen durchgewaschen – eine für die Schafe unangenehme, aufregende Prozedur.

Zweifellos gehört die einteilige Schafschere zu den wichtigen historischen Werkzeugen der Schäferei. Im Gegensatz zu Schippe, Pferch und Karren kommt sie heute bei Traditionsanlässen meist zu kurz.

Schafschere